Hannah’s HOW TO ~ Part I: Paarfotos in der Mittagssonne

Hi ihr Lieben und herzlich willkommen zum ersten HOW TO. Da ich so oft Mails und Nachrichten von euch zu verschiedenen Themen bekomme, werde ich jetzt eine kleine HOW TO Serie starten. In dieser Serie werde ich euch hier auf meinem Blog erzählen, wie ich so in verschiedensten fotografischen Situationen vorgehe. Deswegen wird das auch ein längerer Beitrag. Ich entschuldige mich schon im Voraus dafür 😀 Es gibt nämlich einiges dazu zu erzählen.

Normalerweise ist es ja ein NO-GO, aber manchmal geht es nicht anders: Portraits in der Mittagssonne. Viele haben Angst davor oder denken, dass es absolut unmöglich sei, brauchbare Portraits am Mittag zu machen. Da viele von euch gefragt haben, erklär ich euch jetzt, wie ich vorgehe. Natürlich macht es jeder anders und ich kann auch nicht garantieren, dass mein Weg für alle funktioniert aber dennoch möchte ich ihn euch nicht vorenthalten. Ich übernehme auch keine Garantie, ich schreib es jetzt hier einfach mal so, wie es mache. Die Bilder von Mersini und Murat entstanden um 13 Uhr bei strahlender Mittagssonne, hier findet ihr nun die Anleitung dazu :-).

  • Achte darauf, dass die Sonne – wenn auch nur gerade so – im Rücken des Paares ist. Wenn die Sonne extrem im Zenit steht, kannst du durch ganz leichtes Vorbeugen der Oberkörper die Schlagschatten im Gesicht minimieren und die Sonne z.B. nur auf den Hinterkopf treffen lassen. Die Zeit in der die Sonne hier in unseren Breitengraden wirklich im Zenit (direkt über dir) steht dauert aber keine Ewigkeit, danach solltest du dein Paar recht leicht positionieren können. Durch die Rückensonne setzt du gewissermaßen ein Haarlicht und betonst die Umrisse deines Paares.

Goldene Regel sowohl für Abends als auch für Mittags: Das Paar steht immer zwischen dir und der Lichtquelle, also der Sonne.

  • Wenn der Bräutigam größer ist, kannst du ihn z.B. so positionieren, dass er der Braut Schatten spendet und so zumindest ihr Gesicht im Schatten liegt (Siehe Bild #1)
  • Direkte Sonne lässt bunte Farben strahlen, deswegen würde ich immer einen Hintergrund suchen, der farbenfroh ist und von der Sonne angestrahlt wird. Bunte Ballons, bunte Blumen oder ein blauer Himmel, all das wird farbenfroh strahlen. Super ist es, wenn deine Location Mittags z.B. keine freie Wiese ist sondern ein Park, der viele Gebäude hat und auch “Unterschlupf” bietet, mit dem du arbeiten kannst.
  • Du kannst dein Paar immer auch in den Schatten stellen, achte dabei bitte darauf, was sich in der Umgebung befindet. Satte grüne Bäume (die von oben von der Sonne angestrahlt werden) können auch die Hauttöne grün aussehen lassen, weil sie grünes Licht reflektieren, wenn ein Paar direkt darunter im Schatten steht. Ideal sind Gebäude und Boden mit neutralen Farben, sie fungieren als natürliche Reflektoren und erhalten die Hauttöne. Im Zweifelsfall heißt es aber: ausprobieren! Du wirst schnell selbst sehen, ob der Farbstich händelbar ist oder nicht.
  • Wenn du dein Paar in den Schatten stellst, achte bitte unbedingt auch auf den Hintergrund. Dieser sollte entweder ebenso im Schatten liegen oder aber zumindest (wenn er von der Sonne angestrahlt wird), nicht zu hell sein. Ansonsten wird dein Hintergrund wegen der extrem unterschiedlichen Helligkeit zu den Gesichtern deines Paares ausbrennen (viel zu hell sein). Das sieht nicht so schön aus.

Hier siehst du bei Bild Nr. 1, dass die Sonne leicht auf der rechten Seite steht. Murat positioniere ich also mit dem Rücken zu Sonne, damit der einen Schatten auf Mersinis Gesicht wirft. Mich persönlich stört es nicht, wenn die direkte Sonne an anderen stellen etwas durchkommt (z.B. auf ihrem Kleid) Solange die Haut ebenmäßig ist, bin ich happy. Die bunten Luftballons leuchten durch die Sonne und die Rosen im Hintergund strahlen ebenso.

Bei Bild Nr. 2 habe ich den Schatten zwischen zwei Säulen genutzt. Wie du siehst ist der Hintergrund von der Sonne erleuchtet. Murat spendet Mersini auch hier wieder Schatten. Solltest du mal partout nicht alle harten Schatten im Gesicht beseitigen können, kannst du natürlich immer einen SUN SWATTER benutzen und dir deinen Schatten dort machen, wo du ihn brauchst. Meistens brauche ich ihn aber nicht. Wenn ich einen Swatter benutze, achte ich aber ebenfalls darauf, dass der Hintergrund entweder im Schatten liegt oder wieder etwas dunklere Bildanteile enthält, damit er nicht einfach nur eine blanke weiße Fläche ist, die alles überstrahlt.

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Reflektieren!…

Mittags ist die Sonne sehr stark. Damit der Hintergrund nicht völlig ausbrennt und man dort nur noch eine große weiße Fläche sieht solltest du unbedingt einen guten Reflektor verwenden. Manche Fotografen benutzen Blitz, was prinzipiell das selbe ist: es geht darum die Helligkeiten in Einklang zu bringen. Da ich Blitz aber bei Paarfotos nur in Ausnahmefällen benutze, beschränke ich mich auf die Arbeit mit dem Reflekto. Ich benutze am liebsten die Zebra-Beschichtung. Sie ist nicht zu gelb aber auch nicht so kalt wie die silberne Seite. Sie besteht aus einer Mischung von goldenem und silbernem Beschichtungsmaterial. Da die Mittagssonne im Gegensatz zum Abend eher kühl ist, schadet es nicht, durch die goldenen Anteile etwas Wärme miteinzubringen. Neutrales Weiß ist aber auch sowieso immer passend. Dein Assistent kann nun AUS DER SONNE in den Schatten (in die Gesichter deines Paares) reflektieren. Wenn er im Schatten steht, wird er nicht genügend Licht reflektieren können, um gegen den grellen, hell beleuchteten, sonnigen Hintergrund anzukommen oder er muss so nah rangehen, dass er dir im Bild steht. Zumindest habe ich die Erfahrung so gemacht.

Wichtig ist also, dass du die hässlichen Schlagschatten der Mittagssonne beseitigen kannst aber dennoch durch Reflektieren eine Balance schaffst zwischen der Helligkeit deines Paares und dem Hintergrund.

Dieses Phänomen nennt man im weitesten Sinne: Dynamikumfang. Das bedeutet, du hast maximal helle (von der Sonne beleuchtete) Anteile im Bild und maximal dunkle Bildanteile, die im tiefen Schatten liegen, die man eigentlich nur schwer mit den selben Werten belichten kann.  Die Herausforderung ist, sie auf deinem Bild in Einklang zu bringen, sodass sowohl in den hellen als auch in den dunklen Bereichen noch genügend Details zu erkennen sind und sie noch gut beleuchtet sind. Aber mach dir keine Sorgen, das ist alles machbar!

Die direkte Sonne können wir mittags nicht gebrauchen, sie wirft hässliche Schatten und sieht unvorteilhaft aus. Wir müssen uns das vorhandene Sonnenlicht deswegen formen, indem wir es mit dem Reflektor aufnehmen und in der Richtung auf unser Paar lenken, in der es vorteilhaft aussieht. Also nicht von oben, sondern von der Seite! Deswegen steht mein Assistent immer an der Seite und reflektiert von dort aus. Dabei achtet er darauf, dass er den Reflektor über sich hält. Das hat zwei Gründe:

1. Weil ein mit direkter Sonne von unten gehaltener Reflektor extrem blendet, deinem Brautpaar möglicherweise die Augen anfangen zu tränen und das Make-Up unnötig Schaden nimmt oder dein Paar die Augen kaum aufhalten kann

2. Weil es von oben oder zumindest leicht über den Gesichtern in praller Sonne einfach vorteilhafter aussieht, die Wangenknochen hervorhebt und auch die Halspartie vorteilhaft darstellt. Wenn du direkt von unten reflektierst hast du immer sehr helle Augen (was sehr schön aussieht, wenn du die Augen betonen magst) aber auch eine sehr helle Hals- und Kinnpartie, was diesen Bereich hervorhebt und ihn größer erscheinen lässt. Einen direkt unter das Gesicht gehaltenen Reflektor benutze ich lieber im Schatten oder bei bewölktem Himmel. Wenn du es ganz genau nimmst, kann dein Assistent am besten ein weißes Tshirt tragen. Bei Close-Ups reflektiert es mit und wirft keine seltsamen Farbstiche auf die Haut des Paares.

Bei bewegten Posen sollte der Assistent mit dem Reflektor natürlich mitlaufen. Ich habe bei diesen Bildern immer wieder auch darauf geachtet, dass der Hintergund dunklere Bildanteile enthält, wie die Büsche, Säulen, Sträucher und bunte Blumen. Ich denke, dass es ansprechender und ausgewogener aussieht, als bloß eine helle, überstrahlte Fläche. Es hilft mir, die grelle Sonne gewissermaßen auszubalancieren. Auf dem Bild unten rechts habe ich Murat wieder so positioniert, dass sein Gesicht und auch Mersinis Gesicht im Schatten liegt.

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  • Einstellungen der Kamera: Ich gehe bei Portraits nie über f1.8 – eher f1.2 – f1.4. Die Schärfentiefe ist bei dieser Blendenwahl extrem gering, deswegen musst du sorgfältig sein beim Fokussieren. Ich suche mir also meine Blende aus – z.B. f1.4 und teste mit Reflektor die Belichtung auf dem Gesicht meines Paares. Wichtig ist dabei, dass ich eine Balance finden muss, die meinen Hintergrund nicht ausbrennen lässt und mein Paar dennoch ausreichend beleuchtet. Das ist eine Gefühls- bzw. Geschmackssache, finde ich. Ich taste mich mit der Verschlusszeit demnach so lange ran, bis ich die richtige Balance gefunden habe zwischen Helligkeit auf meinem Paar und dem Hintergrund. Meist komme ich auf ungefähre Werte von f1.4 und 1/1600 bis 1/2500 sek. bei ISO 100 (wenn die Sonne, wie auf den Bildern, im Rücken ist). Wenn du das Gefühl hast, dass dein Paar immer noch sehr dunkel ist während dein Hintergrund schon völlig überstrahlt ist, kannst du deinen Assistenten mit dem Reflektor näher kommen lassen, damit mehr Licht auf deinem Paar ankommt oder ändere deine Perspektive und suche einen Hintergrund, der dunkler ist. Dann solltest du auf alle Fälle eine schöne Balance finden.
  • Später im Lightroom kannst du den letzten Feinschliff durch einen aufhellenden Pinsel vornehmen, manchmal ist es aber auch garnicht mehr notwendig.

Ich freue mich, wenn dir meine Tipps ein wenig helfen konnten und du vielleicht etwas weniger Panik davor hast, wenn es mal wieder heißt: „Wir können die Fotos leider nur von 13-15 Uhr Mittags machen.“ 😉 Bis zum nächsten HOW TO.

 

Alles Liebe,

Deine Hannah